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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Die Erlaubnis zur Untervermietung erstreckt sich nicht auch noch auf den Ehepartner des Untermieters
Strohmann-Mieter zog nie ein – dafür aber seine Cousine
15.10.2018 (GE 18/2018, S. 1098) Hat der Vermieter dem Mieter die Untervermietung an einen Verwandten erlaubt, kann sich der Untermieter seinerseits gegenüber dem Vermieter nicht darauf berufen, er könne seinen Ehepartner mit in die Wohnung aufnehmen.
Der Fall: Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 1), 2) und 3) Räumung und Herausgabe der Wohnung. Der Beklagte zu 1. ([Haupt-] Mieter) zog nach Abschluss des Mietvertrages (2010) gar nicht erst in die Wohnung ein, sondern blieb in seiner bisherigen. Stattdessen meldete er sich unter der Anschrift der neuen Mietwohnung mit Zweitwohnsitz an. Die Mietwohnung wurde von Beginn des Mietverhältnisses an von der Beklagten zu 2., der Cousine des Beklagten zu 1., alleine bewohnt. 2014 bat der Beklagte zu 1) die Klägerin, die Beklagte zu 2) als Hauptmieterin aufzunehmen, was die Klägerin ablehnte, aber dem Beklagten zu 1. eine Untermieterlaubnis für die Beklagte zu 2 erteilte. Nach der Untervermietungserlaubnis war der Untermieter nicht berechtigt, den Wohnraum anderweitig unterzuvermieten. Die Beklagte zu 2. heiratete sodann den Beklagten zu 3. und nahm diesen in die streitgegenständliche Wohnung auf. Eine Mitteilung an die Vermieterin erfolgte nicht. Als die Vermieterin davon erfuhr, mahnte sie den Beklagten zu 1. ab und forderte ihn zur Beendigung der unerlaubten Untervermietung auf. Dieser kam der Aufforderung nicht nach. Daraufhin erklärte der Vermieter gegenüber dem Beklagten zu 1. die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses, widerrief die für die Beklagte zu 2. erteilte Untermieterlaubnis und erhob Räumungsklage. In dem Rechtsstreit beriefen sich die Beklagten u. a. darauf, dass der Beklagte zu 3. als Ehemann der Beklagten zu 2. zum gemäß Art. 6 GG geschützten Personenkreis gehöre.

Das Urteil: Das Amtsgericht Neukölln verurteilte die Beklagten zur Räumung. Der Vermieter sei zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten zu 1. berechtigt gewesen, weil dieser die Wohnung unbefugt dem Beklagten zu 3. zum Gebrauch überlassen und dadurch eine erhebliche Pflicht verletzt habe. Der Beklagte zu 3. sei „Dritter“ im Sinne der §§ 540, 553 BGB. Dritter in diesem gesetzlichen Sinne sei grundsätzlich jede Person, die nicht Partei des Mietvertrages sei. Hiervon ausgenommen sei nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift die Familie des Mieters wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz der Verfassung (Art. 6 GG) stehenden persönlichen Beziehungen. Kein Dritter sei namentlich der Ehegatte des Mieters. Zwischen dem Vermieter und dem Mieter einer Wohnung strahle dieser grundgesetzlich gewährleistete Schutz in das Privatrecht aus. Der Beklagte zu 3. sei jedoch vorliegend nicht Ehegatte des Mieters, also des Beklagten zu 1., sondern der Ehemann der Beklagten zu 2. Im Verhältnis zwischen dem Vermieter und der Beklagten zu 2. könne die Ausstrahlungswirkung des Art. 6 GG bereits deshalb nicht angenommen werden, weil zwischen diesen keinerlei vertragliche Beziehungen vorlägen.
Die Erheblichkeit der durch den Beklagten zu 1. infolge der Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 3. begangenen Pflichtverletzung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil auf die Gebrauchsüberlassung ein Anspruch bestanden hätte. Im Falle einer unbefugten Gebrauchsüberlassung sei für die Frage, ob die schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters hinreichend erheblich sei, sowohl für die Wirksamkeit einer darauf gestützten außerordentlichen als auch für die einer ordentlichen Kündigung – nicht anders als bei sonstigen verhaltensbedingten Kündigungen auch – im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung auf sämtliche Umstände des Einzelfalls abzustellen. Für diese Abwägung sei neben sonstigen Abwägungskriterien auch ein möglicher Anspruch des Mieters auf Erteilung der – tatsächlich nicht eingeholten – Untermieterlaubnis erheblich. Die Erheblichkeit einer zur Kündigung berechtigenden Pflichtverletzung könne daher im konkreten Fall zu verneinen sein, wenn ein Mieter im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung habe, so dass der Kläger ohnehin zur Genehmigung der Gebrauchsüberlassung verpflichtet gewesen wäre.
Gemäß § 553 Abs. 1 BGB könne der Mieter von dem Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung eines Teils der Wohnung verlangen, wenn für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse hieran entstehe. Ein berechtigtes Interesse sei gegeben, wenn dem Mieter vernünftige Gründe zur Seite stünden, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an einen Dritten nachvollziehbar erscheinen lassen würden. Ein vorhandenes berechtigtes Interesse des Beklagten zu 2., ihren Ehemann mit in die Wohnung aufzunehmen, sei in diesem Zusammenhang jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn auch hier sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 2. nicht Mieterin, sondern lediglich Untermieterin der Wohnung sei. § 553 BGB sehe jedoch nur einen Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte vor. Dieser könne einer Kündigung des Vermieters entgegenstehen. Das Gesetz sehe hingegen keinen Anspruch des Untermieters gegen den (Haupt-) Vermieter auf Genehmigung der Gebrauchsüberlassung an weitere Personen vor, da zwischen diesen kein Vertragsverhältnis bestehe. Vertragliche Beziehungen bestünden nur zwischen dem Vermieter und dem Hauptmieter sowie zwischen dem Haupt- und dem Untermieter. Die Annahme, dass der Vermieter zur Erteilung einer solchen Erlaubnis verpflichtet bzw. die Aufnahme des Beklagten zu 3. als Ehegatten mangels Eigenschaft als „Dritter“ schon nicht erlaubnispflichtig sei, weil dies für den Beklagten zu 1. als Vermieter der Beklagten zu 2. gelte, würde im Ergebnis jedoch zur Konstruktion einer solchen, gesetzlich nicht vorgesehenen Regelung und eines nicht vorhandenen Rechtsverhältnisses führen.
Der Beklagte zu 1. habe die Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 3. trotz Abmahnung fortgesetzt, obwohl die Bestimmung der Ausübung des Gebrauchsrechts für den Vermieter von wesentlicher Bedeutung sei. In der Gesamtschau habe der Beklagte zu 1. seine vertraglichen Pflichten daher in erheblichem Maße verletzt. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 1. folge aus § 546 Abs. 1 BGB, gegen die übrigen Beklagten aus § 546 Abs. 2 BGB.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 1153 und in unserer Datenbank.


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