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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Fahrradabstellmöglichkeiten im Außenbereich müssen vergleichbar komfortabel und sicher sein wie im Keller
Auslegung der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel
03.10.2018 (GE 17/2018, S. 1034) „Fahrradabstellplätze mit Anschließmöglichkeit außerhalb des Gebäudes auf dem Grundstück“ gelten ebenso wie ein „abschließbarer leicht zugänglicher Fahrradabstellraum innerhalb des Gebäudes“ als wohnwerterhöhendes Merkmal im Sinne der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel. Das LG Berlin meint, ein Abstellplatz auf dem Grundstück müsse hinsichtlich Örtlichkeit, Erreichbarkeit, Dimensionierung und Sicherheit vergleichbare Eigenschaften haben wie ein Abstellplatz innerhalb des Gebäudes. Einfache Fahrradständer zur Aufnahme der Vorderräder in zwei sich jeweils abwechselnden Höhen erfüllten diese Voraussetzungen nicht.
Der Fall: In einem Mieterhöhungsverfahren war bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete streitig, ob der auf dem Grundstück vorhandene Fahrradständer aus Metall, der aus insgesamt zehn Einstellbügeln bestand, die in zwei sich jeweils abwechselnden Höhen je einen Vorderreifen eines abzustellenden Fahrrades aufnehmen konnten, die Anforderungen an ein wohnwerterhöhendes Merkmal der Gruppe erfüllt. Das Landgericht Berlin (ZK 66) hat diese Frage verneint.

Das Urteil: Zwar könne ein so abgestelltes Fahrrad dadurch gegen ein einfaches Wegtragen gesichert werden, dass das eingestellte (Vorder-) Rad mit einem Schloss an dem niedrigen Metallbügel befestigt werde. Ein so wirksamer Diebstahlschutz, der die Anerkennung eines erhöhten Wohnwertes rechtfertige, sei das aber nicht.
Die Möglichkeit zum Abstellen von Fahrrädern sei als wohnwerterhöhendes Merkmal in der Gruppe 4 (Gebäude) erwähnt, das Fehlen einer Abstellmöglichkeit auf dem Grundstück als wohnwertminderndes Merkmal in der Gruppe 5 (Wohnumfeld) der Orientierungshilfe zum Mietspiegel 2017.
Wenn aber das Fehlen einer Abstellmöglichkeit auf dem Grundstück den Wohnwert mindere, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass nicht schon jede vorhandene den Wohnwert erhöhe. Sei überhaupt ein Fahrradabstellplatz vorhanden, wende das nur die Minderung des Wohnwertes ab.
Eine Wohnwerterhöhung setze dagegen einen Ort mit qualifizierten Eigenschaften voraus, ausreichend dimensioniert, gut erreichbar und mit einem deutlichen Sicherheitsgewinn verbunden. Von der Qualität müsse ein Abstellplatz außerhalb des Gebäudes mit einem innerhalb vergleichbar sein – leicht zugänglich und von vergleichbarem Sicherheitsstatus. Es sei kein Grund erkennbar, für die in demselben Merkmal der Gruppe 4 erwähnten Stellplätze außerhalb des Gebäudes entscheidende Abstriche von denjenigen Vorzügen hinzunehmen, die der Abstellraum im Inneren des Gebäudes bieten müsse.
Die danach erforderlichen Vorzüge für einen wohnwerterhöhenden Fahrradabstellplatz erreiche der Fahrradständer im konkreten Fall nicht. Die Sicherung lediglich eines Vorderrades an einem „derart simplen Bügel“ liefere jedenfalls in einer Großstadt keinen nachhaltigen Schutz vor Diebstahl. Könne man auch den Fahrradrahmen mit einem entsprechend längeren Schloss an die niedrigen Bügel schließen, sei das umständlich und schwierig, denn der Nutzer müsse sich dafür regelmäßig in engste Zwischenräume zwischen anderen bereits angeschlossenen Rädern hinabbeugen, um dort in beengten und körperlich unbequemen Verhältnissen eine Verbindung zwischen dem Vorderrad, dem Bügel des Fahrradständers und dem Rahmen des Fahrrades herzustellen. Entsprechende Komplikationen ergäben sich beim Lösen. Das alles sei nicht wohnwerterhöhend.

Anmerkung: Die Auslegung – gut/neutral/schlecht – ist jedenfalls vertretbar. Belastbare Erkenntnisse darüber, ob und wie sich Fahrradabstellplätze, gleichgültig, ob sie sich nun im Gebäude oder außerhalb befinden, überhaupt auf die ortsübliche Miete auswirken, haben auch die Erhebungen zum Berliner Mietspiegel nicht gebracht. Wie auch? Bei der Erhebung wird schlicht nicht danach gefragt. Das LG ist, wie die Mietspiegelersteller selbst, seinem Bauchgefühl gefolgt. Wenn man aber bedenkt, dass beispielsweise im Mietspiegelfeld K 1 das Wohnwertmerkmal Fahrradabstellplatz zu einer um (Oberwert 10,18 €, Mittelwert 6,39 €, Differenz 3,79 € x 20 % =) 0,76 € höheren Miete je m² mtl. führt, wird einem die Absurdität des ganzen Systems klar.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 1059 und in unserer Datenbank.
Autor: D. B.


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