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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Anspruch auf Notweg: Fuhrunternehmer konnte seine Lastkraftwagen mit Anhängern nicht mehr abstellen
Unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde wegen fehlender Beschwer
28.03.2018 (GE 05/2018, S. 291) Die Revision setzt einen Beschwerdewert von mehr als 20.000 € voraus. Wird eine Klage auf Duldung eines Notwegs abgewiesen, bemisst sich die Beschwer für den Kläger nach der sich aus der Gewährung des Notwegrechts ergebenden Wertsteigerung des Grundstücks.
Der Fall: Der Kläger, Inhaber eines Fuhrunternehmens, nutzte das (ihm nicht gehörende) Grundstück als Betriebsgelände für sein Fuhrunternehmen zum Abstellen von Lastkraftwagen. Die Beklagte ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks, das sie zur Hälfte verpachtet hat. Ihr Pächter errichtete auf der Pachtfläche eine Steinmauer und eine Absperrung, so dass der Kläger nach seinen Angaben das Betriebsgrundstück nicht mehr mit großen Lkw und Lkw mit Anhänger erreichen konnte. Die Klage auf Gewährung eines Überfahrtsrechts wurde in der Berufungsinstanz abgewiesen; die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.

Der Beschluss: Der Bundesgerichtshof verwarf die Beschwerde als unzulässig, da der Kläger eine Beschwer von mehr als 20.000 € nicht glaubhaft gemacht habe. Aus dem eingereichten Sachverständigengutachten über den geminderten Ertragswert des Grundstücks ergebe sich das nicht, weil das Gutachten von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgehe. Das mit einem Wohnhaus bebaute Betriebsgelände sei auch im Erdgeschoss entgegen dem Sachverständigen vermietbar, entweder an einen Gewerbetreibenden oder auch als Wohnraum. Dazu komme, dass der Kläger die Wertfestsetzung durch die Vorinstanzen auf 5.000 € nicht beanstandet habe.

Anmerkung: Geklagt hatte nicht der Grundstückseigentümer, sondern der Nutzer dieses Grundstücks (Mieter oder Pächter). Zwar steht das Notwegrecht grundsätzlich nur dem Eigentümer zu (§§ 917, 1018 BGB). Auch wenn dieses Recht nicht abtretbar ist, kann auch der Nutzungsberechtigte des Grundstücks im Wege gewillkürter Prozessstandschaft dieses Recht (anstelle des Eigentümers) geltend machen (BGH, NZM 2014, 267). Er handelt dabei im eigenen wirtschaftlichen Interesse, was als schutzwürdiges Interesse für die gewillkürte Prozessstandschaft ausreicht (BGH, GE 2016, 1503). Das wirtschaftliche Eigeninteresse muss sich „auf die Beeinträchtigung des Eigentums bzw. des Besitzes an dem Grundstück beziehen“ (BGH, GE 2016, 1503). Die Besitzbeeinträchtigung des Klägers lag hier in der Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Betriebsgeländes, während die mögliche Wertsteigerung des Grundstücks den Kläger als bloßen Nutzungsberechtigten nicht interessierte. Die wirtschaftlichen Folgen der vom Kläger behaupteten Betriebseinschränkung stellten daher die Beschwer des Klägers dar.
Auch wenn der Kläger ein fremdes Recht (des Eigentümers) im eigenen Namen geltend machte, kann für die Beschwer nicht auf die des Inhabers des fremden Rechts, also den Ertragswert des Grundstücks, abgestellt werden, sondern auf die Vermögensnachteile, die der Kläger erleidet. Das ist vergleichbar mit der Prozesskostenhilfe für eine solche Klage, bei der es nicht auf die Bedürftigkeit des Anspruchsinhabers (Eigentümers) ankommt, sondern auf die des Klägers, weil „der Rechtsinhaber kein Interesse an der Rechtsverfolgung hat und der Prozessstandschafter im eigenen Interesse handelt“ (BGH, NZM 2014, 267).
Für die Beschwer nur auf den Ertragswert des Grundstücks abzustellen und nicht auf die Beeinträchtigung des Fuhrunternehmens, ist daher nicht konsequent. Wenn schon eine Klage in gewillkürter Prozessstandschaft zugelassen wird, muss es auch auf die wirtschaftlichen Interessen des Prozessstandschafters ankommen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 323 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


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