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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Rechtswidrige Ausübung des Vorkaufsrechts
Nicht im Bereich eines Bebauungsplans oder des Berliner Baunutzungsplans von 1960
10.01.2018 Das LG Berlin hat den Vorkaufsrechtsbemühungen der Bezirke einen Riegel vorgeschoben. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist ausgeschlossen, wenn ein Grundstück nach den Festsetzungen des Bebauungsplans oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut und genutzt wird und die Gebäude keine Mängel aufweisen, die zu ungesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen führen oder das Straßen- oder Ortsbild erheblich beeinträchtigen. Und wenn ein gemeindliches Vorkaufsrecht besteht, darf es erst ausgeübt werden, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert um mindestens 25 % übersteigt.
Der Fall: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIM) hatte über ein Bieterverfahren drei Mietwohngrundstücke in Berlin-Schöneberg verkauft, die im Bereich einer Erhaltungssatzung (Milieuschutz) lagen. Am Ende hatten vier Gebote zwischen 6,5 und 7,8 Mio. € vorgelegen. Die landeseigene GEWOBAG hatte 6,3 Mio. € geboten. Die BIM verkaufte für 7,8 Mio. € an eine GbR. Das Land übte sein Vorkaufsrecht zugunsten der GEWOBAG aus und bestimmt den Verkehrswert mit 6,32 Mio. €.

Das Urteil: Das LG hielt den Bescheid für rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der GEWOBAG lägen nicht vor. Zum einen überschreite der Kaufpreis den Verkehrswert nicht deutlich. Davon sei erst bei einer Überschreitung um grundsätzlich mindestens 25 % auszugehen.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch aus anderen Gründen ausgeschlossen. Nach § 26 Nr. 4 BauGB sei die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen, wenn das Grundstück – wie hier – entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans oder (das LG will dieses ausdrücklich als oder und nicht als und verstanden wissen) den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme (Milieuschutz) bebaut und genutzt wird und die Gebäude keine Missstände oder Mängel i.S.d. § 177 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 BauGB aufweisen. Für Gebiete im Westteil der Stadt, für die kein Bebauungsplan existiert, gilt aber der als übergeleiteter Bebauungsplan geltende Berliner Baunutzungsplan von 1960.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei schließlich auch nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. In Milieuschutzgebieten sei dies nur dann der Fall, wenn konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigten, die Ziele der Erhaltungssatzung seien gefährdet.
Wenn das – in diesem Fall angerufene – Kammergericht das ähnlich sieht, bedeutet das das Ende der besonderen Berliner Variante, Volkseigentum zu schaffen. Von dem Abschluss einer Abwendungsvereinbarung ist Käufern derzeit abzuraten.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 1554 und in unserer Datenbank


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