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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Berechnung eines Mietrückzahlungsanspruches bei überhöhter Miete aufgrund der Mietpreisbremse
Mietspiegel als Ermittlungsgrundlage – kein Stichtagszuschlag bei „nur“ 4,4 % mehr
12.01.2018 (GE 23/2017, S. 1440) Wird zu Beginn des Mietverhältnisses eine Miete vereinbart, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % übersteigt, und liegen die Voraussetzungen des § 556e BGB (höhere Vormiete als ortsübliche Miete + 10 % oder bei Modernisierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses) nicht vor, hat der Mieter einen Rückforderungsanspruch nach § 556g BGB in Höhe des die ortsübliche Vergleichsmiete + 10 % übersteigenden Betrages. Zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete kann der Berliner Mietspiegel auch als einfacher Mietspiegel herangezogen werden. Hat sich der maßgebliche Betrag des entsprechenden Mietspiegelwertes nur um 4,4 % gegenüber dem vorigen Mietspiegel erhöht, kommt nach Ansicht des AG Wedding ein Stichtagszuschlag nicht in Betracht.
Der Fall: Der Mieter machte einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Mieten für den Zeitraum von Oktober 2016 bis einschließlich Februar 2017 aufgrund Verstoßes gegen die sog. Mietpreisbremse geltend. Er meinte, die Miete könne höchstens 6,08 €/m2 betragen, während die vereinbarte Miete 8,26 €/m2 betrage. Der Vermieter trug vor, die zulässige Miete liege mindestens bei 8,16 €/m2.

Das Urteil: Das AG Wedding gab der Klage teilweise statt; dabei ging es von einer geschuldeten Miete von 6,52 €/m2 aus. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete legte das Gericht den Berliner Mietspiegel 2015 zugrunde und ließ es offen, ob dieser den Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel entspreche, da diesem jedenfalls als einfacher Mietspiegel Indizwirkung zukomme. Ein sog. Stichtagszuschlag komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil sich der für die Wohnung maßgebliche Mittelwert zwar gesteigert habe, aber in einem – im Vergleich zu dem vom BGH zu beurteilenden Fall (BGH, GE 2017, 472) und im Vergleich zu den übrigen Steigerungen des Mietspiegels – noch „maßvollen“ Umfang, nämlich um 4,4 %.
Zu der Mietspiegeleinordnung im Einzelnen:
■ Das Bad sei positiv zu bewerten, da neben dem unstreitig vorhandenen negativen Merkmal „kleiner als 4 m2“ und dem unstreitig vorhandenen positiven Merkmal „Einhebelmischbatterie“ auch vom Vorliegen des positiven Merkmals „Strukturheizkörper“ auszugehen sei.
■ Die Küche sei wegen der nicht vorhandenen Spüle negativ zu bewerten.
■ Die Bewertung des Gebäudes falle negativ aus, da keine Fahrradabstellmöglichkeit vorhanden sei. Der Hinweis des Vermieters auf den Keller des Mieters – es handele sich um einen „unüblich großen Kellerraum, der ausreichend Platz für die Unterbringung von Fahrrädern biete“ – gehe ins Leere, denn entscheidend für das Vorliegen dieses Merkmals sei allein, ob eine Fahrradabstellmöglichkeit außerhalb der eigenen angemieteten (Keller-) Räume bestehe.
■ Das Wohnumfeld sei wegen der unstreitigen Ausgestaltung der vorhandenen Müllstandsfläche positiv zu bewerten. Der von dem Mieter vorgetragene Verkehrslärm führe zu keiner anderen Betrachtung. Der Mieter hatte vorgetragen, seine Wohnung liege in der Einflugschneise des Flughafens Tegel, von dem sie ca. 1,5 km entfernt sei. Die Flughöhe betrage ca. 300 m, und am 7. Februar 2017 seien in der Zeit von 12.42 Uhr bis 13.20 Uhr 18 Flugzeuge über das Haus geflogen. Da die Adresse der streitgegenständlichen Wohnung im Berliner Mietspiegel 2015 nicht als besonders verkehrslärmbelastet bewertet sei, genüge, so das AG Wedding, der Hinweis auf die Nähe zum Flughafen, Flughöhe und Anzahl der Flüge an einem Tag nicht, sondern es hätte
des detaillierten substantiierten Vortrages zum Umfang des Lärms bedurft.
■ Ein Sondermerkmal sei nicht gegeben, auch nicht in Form des Ausstattungsmerkmals „hochwertiges Parkett etc.“. Dabei könne offen bleiben, ob ein Dielenfußboden überhaupt dieses Ausstattungsmerkmal erfüllen könne. Denn das könne allenfalls in Betracht kommen, wenn der Dielenboden frisch abgezogen sei und insgesamt einen sehr guten Zustand aufweise. Der pauschale Vortrag, wonach hochwertige abgezogene Dielen vorlägen, genüge hierfür nicht.
Die Feststellungsklage zur Höhe der Miete sei zulässig. Das Feststellungsinteresse des Mieters sei gegeben, weil zwischen den Parteien die Miethöhe streitig sei und der Mieter im Hinblick auf die mietrechtlichen Konsequenzen, die mit einer Minderzahlung verbunden sein könnten, ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Miethöhe habe.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 1477 und in unserer Datenbank


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