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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Sachverständiger verneint Baumangel – Schimmelbefall trotzdem als Mietmangel angesehen
Mietminderung auf null?
25.09.2017 (GE 17/2017, S. 982) Schimmel in der Wohnung kann verschiedene Ursachen haben. Nach ständiger Rechtsprechung ist zunächst durch ein Gutachten zu klären, ob ein Baumangel vorliegt, der Vermieter also verantwortlich ist. Aber auch dann, wenn das verneint wird, kann der Mieter Ansprüche auf Minderung und Schadensersatz haben, wie das Urteil des Amtsgerichts Mitte zeigt.
Der Fall: Die Mieterin der Einzimmerwohnung zeigte der Vermieterin Stockflecken in Küche und Zimmer an und verwies auf Atembeschwerden. Nach einer Besichtigung lehnte die Hausverwaltung eine Beseitigung ab, da die Flecken nicht gesundheitsgefährdend seien. In einem von der Mieterin eingeholten Privatgutachten wurde Schimmelbefall mit Gesundheitsgefährdung festgestellt. Nach vergeblicher Aufforderung zur Schimmelbeseitigung minderte sie die Miete, bezog eine Ersatzunterkunft und ließ den Schimmelbefall beseitigen. Ihre Zahlungsklage war überwiegend erfolgreich.

Das Urteil: Das Amtsgericht Mitte bejahte einen Mangel, auch wenn der Sachverständige einen Baumangel nicht festgestellt habe. Schon nach dem Gutachten sei der Abstand zwischen „Schimmelbildung“ und „gerade noch keine Schimmelbildung“ sehr knapp. Auch sei die Raufasertapete ein guter Nährboden für Schimmelbildung; an der Außenwand seien noch zwei Wärmebrücken festgestellt worden. Die Gesamtschau ergebe dann, dass hier ein Mietmangel vorliege. Vor dem Einzug habe die Vermieterin Isolierglasfenster ohne permanente Lüftung einbauen lassen; das Anbringen eines Regals an einer Außenwand sei vertragsgemäß; ein pflichtwidriges Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieterin sei nicht festgestellt worden. Weil die Vermieterin sich mit der Beseitigung des Mangels in Verzug befunden habe, könne die Klägerin Schadensersatz für die Ersatzunterkunft verlangen; dies jedoch nicht in voller Höhe. Wegen Mitverschuldens der Klägerin, die nicht kurzfristig mehrere Ersatzunterkünfte hätte mieten dürfen, sei der Schadensersatz auf 50 % zu kürzen. Die Klägerin könne auch Erstattung der Beseitigungskosten und Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Mieten verlangen.

Anmerkung der Redaktion: Das Amtsgericht nimmt offenbar eine Mietminderung auf null an (nähere Ausführungen finden sich in dem immerhin 22 Seiten umfassenden Urteil nicht). Wenn daneben auch noch die Kosten für die Ersatzunterkunft zugesprochen werden, wohnt der Mieter für mehrere Monate gratis. 
Das entspricht nicht den Grundsätzen des Schadensersatzrechts: „Die infolge des Mangels geminderte Miete ist als Vorteil anzurechnen“ (Beck OK/Ehlert, Rn. 14 zu § 536 a BGB).

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 1025 und in unserer Datenbank


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