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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Vorratskündigungen sind unzulässig
Schadensträchtige Tricksereien beim Eigenbedarf
20.02.2017 (GE 02/2017, S.81) Wenn der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigt, muss ihm der Mieter das mehr oder weniger glauben, wenn der Selbstnutzungswille schlüssig vorgetragen wird. Zieht der Vermieter oder sein Angehöriger danach allerdings nicht in die Wohnung ein, liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war, und der Mieter kann Schadensersatz verlangen.
Der Fall: Der Vermieter hatte das Mietverhältnis über die Einzimmerwohnung gekündigt, weil die Wohnung für seine pflegebedürftige Mutter dringend benötigt werde. Die Mieterin verpflichtete sich in einem gerichtlichen Vergleich zur Räumung; nach dem Auszug stand allerdings die Wohnung mehr als zwei Jahren leer und wurde zeitweise als Fahrradstellplatz benutzt. Die Mieterin machte Schadensersatz von über 23.000 € geltend und behauptete unter Beweisantritt, die Mutter des Vermieters, die inzwischen verstorben war, habe nie beabsichtigt, in die Wohnung einzuziehen. Das Amtsgericht wies die Klage ab, da ein Eigenbedarf zum Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen habe und bis zum Auszug der Klägerin nicht entfallen sei. Das Landgericht meinte, die Beweiswürdigung lasse Rechtsfehler nicht erkennen. Die Nichtzulassungsbeschwerde war erfolgreich.

Der Beschluss: Der Bundesgerichtshof hob die Berufungsentscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache an eine andere Kammer des Landgerichts zurück. Das Landgericht habe schon verkannt, dass in der Berufungsinstanz nicht nur eine Überprüfung auf Rechtsfehler zu erfolgen habe, sondern das Berufungsgericht auch zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet sei. Das sei hier der Fall, denn aus dem Leerstand der Wohnung nach der Räumung durch die Mieterin ergebe sich der Verdacht, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben sei. Hier habe die Mieterin vorgetragen, dass die Mutter des Vermieters nicht habe umziehen wollen, wofür auch die bisherige Beweisaufnahme spreche, dass der Umzugswunsch erst geweckt werden musste. Eine Vorratskündigung sei jedoch unzulässig. An die Darlegung des späteren Wegfalls des Eigenbedarfs seien strengere Anforderungen zu stellen; das Landgericht habe nicht erörtert, warum nach der Rückgabe der Wohnung ein Umzug der Mutter nicht erfolgte.

Anmerkung der Redaktion: Tricksereien beim Eigenbedarf können hohe Schadensersatzforderungen auslösen für direkte und indirekte Umzugskosten (Möbelwagen, neue Gardinen, neue Auslegware), Maklerkosten, Renovierungskosten und höhere Miete für eine gleichwertige Wohnung (für wie lange, ist noch ungeklärt; es können drei Jahre sein oder auch fünf Jahre: vgl. LG Wuppertal, WuM 1997, 681). Ein Räumungsvergleich (wie im vorliegenden Fall) schließt entgegen der früheren Rechtsprechung den Schadensersatzanspruch nicht aus (BGH, GE 2015, 1026). Nicht nur bei einem Leerstand nach der Räumung liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, sondern auch bei nur kurzfristigem Einzug der Bedarfsperson. Auch hier gelten die strengen Anforderungen, dass der Wegfall des Eigenbedarfs stimmig darzulegen und zu beweisen ist.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 97 und in unserer Datenbank


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