Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Feststellungsklage zur Höhe der Minderungsquote
Gebührenstreitwert bemisst sich nach 3,5fachem Jahresbetrag
29.08.2016 (GE 16/2016, S. 1003) Der Gebührenstreitwert einer Klage auf Feststellung einer Minderungsquote bemisst sich nach § 3 ZPO i. V. m. den Bewertungsgrundsätzen des § 9 Satz 1 ZPO nach dem 3,5fachen Jahresbetrag des auf die Minderungsquote entfallenden Mietzinsanteils.
Der Fall: Das AG hatte den auf Feststellung der Minderung gerichteten Antrag des Mieters mit dem sechsfachen Monatswert der geltend gemachten Minderung bemessen. Der Mieter war gegen das zugrunde liegende amtsgerichtliche Urteil (Zahlungs- und Feststellungsantrag zur Minderung) in die Berufung gegangen.

Der Beschluss: Das LG Berlin, ZK 67, änderte die Wertfestsetzung im Rahmen des Berufungsverfahrens des AG nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG ab. Der Gebührenstreitwert eines entsprechenden Feststellungsantrages bemesse sich nämlich gemäß §§ 3, 9 ZPO nach dem 3,5fachen Jahreswert der geltend gemachten Minderung.
Keine andere Beurteilung rechtfertige die abweichende Rechtsprechung des KG, das für die Bemessung des Gebührenstreitwerts „in der Regel“ auf den Jahreswert der geltend gemachten Minderung abstelle (KG - 12 W 19/16 - GE 2016, 910; 8 W 13/16 - GE 2016, 912). Da sich die Festsetzung des Gebührenstreitwerts gemäß § 48 Abs. 1 GKG in den Fällen, in denen das GKG keine besondere Bestimmung treffe, nach den für den Zuständigkeitsstreitwert geltenden §§ 3 bis 9 ZPO richte, sei der Gebühren- und Zuständigkeitsstreitwert einer auf Feststellung der Minderung gerichteten Klage zwingend deckungsgleich. Das habe zur Folge, dass grundsätzlich auch eine Identität zwischen Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert bestehe. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH bemesse sich Letzterer jedoch nicht nur bei Mängelbeseitigungsklagen, sondern auch bei Klagen auf Feststellung einer Minderung gemäß § 3 ZPO in Verbindung mit den Bewertungsgrundsätzen des § 9 ZPO nach dem 3,5fachen Jahresbetrag der Minderung. Gemessen an diesen Grundsätzen käme eine abweichende Festsetzung des Gebührenstreitwerts nur in Betracht, wenn die bisher einhellig am 3,5fachen Jahreswert der Minderung ausgerichtete Bemessung des Rechtsmittel- und Zuständigkeitsstreitwerts einer auf Feststellung der Minderung gerichteten Klage eine neue Bewertung erfordere. Dazu allerdings bestehe keine Veranlassung. Etwas anderes gelte lediglich im vorliegend nicht gegebenen Ausnahmefall, in dem sich ein kürzerer Zeitraum bereits im Moment der Einreichung der Klage genau und sicher bestimmen lasse (BGH, GE 2015, 652). Den prozessrechtlichen Grundsätzen der Rechtsmittelklarheit und -sicherheit – und damit auch dem Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes – würde aber durch eine nicht an § 9 Satz 1 ZPO orientierte und dadurch weniger schematische, allein billigem Ermessen nach § 3 ZPO unterworfene Bemessung des Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwertes zumindest bei mietrechtlichen Streitigkeiten wegen der für den Rechtsmittelführer unkalkulierbaren Vielzahl möglicher Bewertungsansätze nicht hinreichend Rechnung getragen. Das werde bereits an dem vom KG herangezogenen Wertmaßstab von „in der Regel“ einem Jahr deutlich, der auf den Zeitraum zwischen Klageeinreichung und voraussichtlicher Mangelbeseitigung unter Annahme eines typischen und durchschnittlichen Prozessverlaufs abstelle. Eine entsprechende kurzfristige Bewertung wäre selbst für eine prozesserfahrene Mietvertragspartei überraschend und unkalkulierbar. Denn einerseits unterschreite der angesetzte Zeitraum von nur einem Jahr gerade im Fall der in der Praxis häufigen Antragsmehrheit von Mangelbeseitigungs- und Feststellungsklage und der nicht selten erforderlichen zeitintensiven Beweiserhebungen oftmals bereits die erstinstanzliche Prozessdauer, geschweige denn Berufungs- oder Revisionsverfahren und ggf. die Zwangsvollstreckung. Andererseits entbehre der in Ansatz gebrachte Zeitraum von lediglich einem Jahr seiner tatsächlichen (Schätz-) Grundlage immer dann, wenn isoliert auf Feststellung der Minderung wegen eines Umfeldmangels geklagt werde, dessen Beseitigung dem Vermieter entweder tatsächlich oder wegen Überschreitung der Opfergrenze zumindest wirtschaftlich unmöglich sei. So habe der Fall hier gelegen. Der klagende Mieter hatte erstinstanzlich die Feststellung der Minderung wegen von Dritten verursachten Baulärms begehrt, zu dessen Beseitigung der Vermieter aber tatsächlich außer Stande war.
Die derzeit vorliegende obergerichtliche Rechtsprechung zur Bemessung des Gebührenstreitwerts bei Klagen auf künftige Nutzungsentschädigung rechtfertige keine andere Beurteilung. Der dort zumindest nicht ausdrücklich berücksichtigte grundsätzliche Gleichlauf von Gebühren- und Rechtsmittelstreitwert könnte allenfalls umgekehrt Veranlassung dazu geben, die auch dort überwiegend unter Zugrundelegung der Jahresmiete erfolgende Bemessung des Gebührenstreitwerts einer Neubewertung unter geänderter Gewichtung der Wertungsgrundsätze des § 9 Satz 1 ZPO zu unterziehen.

Anmerkung: Der Beschluss der ZK 67 ist eine erste Reaktion auf die Beschlüsse des KG (GE 2016, 910, 912). Diese verhalten sich allerdings nur zum Gebührenstreitwert bei behebbaren Mängeln, während es sich in dem Fall des Landgerichts um Mängel handelte, die von dem Vermieter nicht beeinflusst werden konnten (Baulärm in der Nachbarschaft, GE 2016, 915).
In diesem Zusammenhang wird noch auf den Beschluss des BGH zu dem Problem in diesem Heft Seite 1025 Bezug genommen. Leider nehmen weder der BGH noch die ZK 67 zu den Wertungsgrundsätzen des § 9 Satz 2 ZPO Stellung.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 1032 und in unserer Datenbank
Autor: Klaus Schach


Links: