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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Vorbehalt des Mieters bei Zahlung der Nachforderung
Darlegungs- und Beweislast für materielle Unrichtigkeit einer Abrechnung
29.07.2016 (GE 14/2016, S. 891) Fordert der Mieter den aus einer Betriebskostenabrechnung resultierenden und unter Zahlungsvorbehalt ohne weitere Erklärung ausgeglichenen Nachzahlungsbetrag zurück, trägt er die volle Beweislast für die materielle Unrichtigkeit der Abrechnung.
Der Fall: Der Vermieter klagte offene Mieten ein. Der Mieter erklärte Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen aus der Betriebskostenabrechnung 2013. Er hatte die Nachforderung aus der Abrechnung unter „Vorbehalt der Prüfung“ bezahlt. Für die Behauptung, die Hauswartkosten seien falsch abgerechnet worden, hatte er im Prozess keinen Beweis angetreten. Das AG verurteilte den Mieter antragsgemäß, seine Berufung war erfolglos.
Der Beschluss: Das LG Berlin, ZK 67, teilte mit, es sei beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Der Zahlungsanspruch des Klägers sei nicht durch die erklärte Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen aus der Betriebskostenabrechnung 2013 erloschen. Die geleisteten Nachzahlungen seien nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Es treffe zwar zu, dass der Vermieter die materielle Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung darlegen und beweisen müsse. Allerdings gelte diese Beweislastverteilung nur, wenn der Vermieter Nachforderungen einklage, nicht jedoch im Rückforderungsprozess des Mieters, in dem dieser den Vermieter nach Ausgleich des Abrechnungssaldos aus ungerechtfertigter Bereicherung auf vollständige oder teilweise Rückerstattung der geleisteten Nachzahlung in Anspruch nehme. In diesen Fällen trage der Mieter die Beweislast für die materielle Unrichtigkeit der Abrechnung. Vorliegend sei der Mieter seiner Beweislast nicht gerecht geworden, weil er keinen Beweis vorgelegt habe. Der erklärte „Vorbehalt der Prüfung“ beim Ausgleich der Nachforderung des Vermieters ändere daran nichts. Im Allgemeinen wolle der Schuldner damit nur zum Ausdruck bringen, dass seine Zahlung nicht als Anerkenntnis gewertet werden solle, er sich also die Möglichkeit offenhalten wolle, das Geleistete zurückzufordern. Anders sei es ausnahmsweise dann, wenn der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt leiste, dass den Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen solle. Ein Vorbehalt dieser Art sei keine Erfüllung nach § 362 Abs. 2 BGB. Er liege insbesondere dann vor, wenn ein Schuldner während eines Rechtsstreits zahle und seine Rechtsverteidigung fortsetze, weil damit zum Ausdruck komme, dass die Zahlung auf den Ausgang des Rechtsstreits keinen Einfluss haben solle. Gemessen an diesen Grundsätzen sei davon auszugehen, dass vorliegend der Mieter für einen späteren Rückforderungsstreit nicht dem Vermieter die Beweislast für die materielle Richtigkeit der Abrechnung habe aufbürden wollen. Das folge nicht nur aus dem insoweit unergiebigen Wortlaut der Vorbehaltserklärung, sondern auch aus dem späteren Verhalten des Beklagten, das für die Auslegung ebenfalls herangezogen werden könne. Dieser habe die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung für die vorgenommene Zahlung weder vorgerichtlich noch im Rahmen des Zahlungsprozesses jemals in Frage gestellt, sondern sie stattdessen stets als wirksam erachtet.
Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 915 und in unserer Datenbank)


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