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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Müllstandsfläche braucht kein Dach
Orientierungshilfe zum Mietspiegel
08.07.2016 (GE 12/2016, S. 763) Eine gepflegte Müllstandsfläche erfordert keine Überdachung und dann keine separate Abschließbarkeit, wenn sie nur den Mietern zugänglich ist. Ein repräsentativer Eingangsbereich liegt dann vor, wenn er großzügig ist, an der gewölbten Decke mit Stuckkassetten verziert und an den Wänden der Aufgänge gefliest ist.
Der Fall: Der Vermieter begehrte die Zustimmung zu einer Mieterhöhung von 436,18 € auf 501,60 € der 91,43 m2 großen Wohnung. Weil der Mieter die Zustimmung verweigerte, erhob der Vermieter die Zustimmungsklage.

Das Urteil: Das AG Köpenick verurteilte den Mieter antragsgemäß. Die Wohnung sei nach dem Berliner Mietspiegel 2015 in das Feld J 1 einzuordnen. Die erneuerte Fassade und das erneuerte Dach (Merkmalgruppe 4: Überdurchschnittlicher Instandhaltungszustand des Gebäudes) habe der Kläger durch Fotos substantiiert dargelegt und sei vom beklagten Mieter nur unsubstantiiert und damit unbeachtlich bestritten worden. Der Eingangsbereich – auch mit Foto substantiiert dargelegt – sei repräsentativ. Er sei großzügig, an der gewölbten Decke mit Stuckkassetten verziert und an den Wänden der Aufgänge gefliest. Die Müllstandsfläche sei gepflegt und sichtbegrenzend gestaltet, was auch durch Foto belegt sei. Sie sei gepflastert und mit Wänden aus Holzlatten mit Rankhilfen umgeben.
Eine Überdachung sei nicht erforderlich; der Mietspiegel verlange nur eine Sichtbegrenzung. Die Fläche sei auch nur den Mietern zugänglich, weil auf das Grundstück nur Inhaber des Haustürschlüssels gelangen können und der Mietspiegel keine separate Abschließbarkeit verlange. Eine stark vernachlässigte Gegend liege nicht vor. Wie aus den Fotos beider Parteien ersichtlich, seien auch die angrenzenden Häuser keineswegs in einem schlechten Zustand. Der Gehweg vor dem Haus sei breit, ordentlich gepflastert und von Bäumen gesäumt. Auch das gelegentliche Herumliegen von Müll führe nicht zur Einstufung der Gegend als stark vernachlässigt. Der Beklagte habe auch keine besondere Lärmbelästigung dargelegt. In der Straße gelte eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h.

Anmerkung: Das AG hat im vorliegenden Rechtsstreit die wohnwerterhöhenden und wohnwertmindernden Merkmale nach vorgelegten Fotos beurteilt. Dazu muss festgehalten werden, dass Fotos per se keine Beweismittel nach ZPO sind, sie können allerdings als Augenscheinsbeweis Eingang in die Rechtsfindung erlangen. Dabei muss allerdings der Gedanke Berücksichtigung finden, dass Fotos, vor allem digitale Fotos, manipulierbar sind. Fotos können aber – so wie im vorliegenden Fall – vor allem dazu dienen, den Parteivortrag zu substantiieren.
Dann darf die Gegenpartei den mit Fotos unterlegten Vortrag nicht einfach bestreiten, sondern ist gezwungen, substantiiert zu bestreiten, was vorliegend nicht bzw. unzureichend geschehen ist.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 791 und in unserer Datenbank)
Autor: Klaus Schach


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