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Nutzung als Flüchtlings- oder Asylbewerberheim
Grundsätzlich nur in Teileigentumseinheiten zulässig
05.03.2018 (GE 02/2018, S. 96) Die Unterbringung von Flüchtlingen in einer Gemeinschaftsunterkunft ist heimähnlich und kann grundsätzlich nur in Teileigentumseinheiten erfolgen.
Der Fall: Klägerin und Beklagte bilden eine Teileigentümergemeinschaft. Bei Errichtung des Gebäudes wurde es als Kinderheim konzipiert und genutzt. In den 1970er Jahren erfolgte die Aufteilung in zwei Teileigentumseinheiten. In der Einheit Nr. 1 befand sich ein Altenpflegeheim, in der Einheit Nr. 2, die im Eigentum der Klägerin steht, wurde eine Arztpraxis betrieben.
In der Teilungserklärung wurde auf das Bestehen eines Altenpflegeheims und einer Arztpraxis hingewiesen sowie außerdem, dass das mit jedem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum nicht zu Wohnzwecken dient.
Die Einheit Nr. 1 steht seit 2003 leer. Die Beklagte hat sie durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben und zunächst angekündigt, darin ein Arbeiterwohnheim einzurichten. Nunmehr will sie die Einheit als Unterkunft für Asylbewerber oder Flüchtlinge nutzen.
Auf die von der Klägerin erhobene Unterlassungsklage hat das Amtsgericht der Beklagten untersagt, in ihrem Teileigentum ein Arbeiterwohnheim oder eine Unterkunft für Asylbewerber usw. zu betreiben. Das LG hat die Berufung zurückgewiesen, weil die Einheit Nr. 1 nicht zu Wohnzwecken benutzt werden darf, zumal die von einem Heim ausgehenden Störungen erheblich geringer seien, als wenn das Teileigentum einer großen Anzahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen zum Wohnen zur Verfügung gestellt wird. Der BGH hat die Revision zugelassen.

Das Urteil: Auf die Revision hin hat der BGH die Klage abgewiesen. Es kommt darauf an, ob die von der Beklagten geplante Nutzung als Flüchtlings- oder Arbeiterheim noch unter den Begriff des Wohnens fällt und damit von der Teilungserklärung nicht gedeckt ist, oder ob sie sich als zulässig erweist, weil sie nicht Wohnzwecken dient.
Im Ausgangspunkt ist ein Heim von Wohnformen abzugrenzen, die nicht dem klassischen Familienleben entsprechen. Eine nicht zu Wohnzwecken dienende Nutzung als Heim wird dadurch gekennzeichnet, dass die Unterkunft in einer für eine Vielzahl von Menschen bestimmten Einrichtung erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist, und in der eine heimtypische Organisationsstruktur an die Stelle der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises tritt.
Bei gemeinschaftseigenen Unterkünften, in denen Asylbewerber in der Regel untergebracht werden sollen, liegt es anders. Denn in der Gesamtschau mit der erforderlichen baulichen Größe und Ausgestaltung der Einheit machen das enge Zusammenleben, die Anzahl und die häufige Fluktuation der Bewohner eine heimtypische Organisationsstruktur erforderlich; in typisierender Betrachtung fehlt es an einer Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises. Dasselbe gilt beim Betrieb eines Arbeiterwohnheims.

Anmerkung: Der BGH nimmt überzeugend die Abgrenzung von Wohnzwecken und anderen Zwecken der Nutzung des Sondereigentums vor. Hinzuweisen ist auf die bereits im ersten Leitsatz erwähnte Einschränkung "vorbehaltlich anderer Vereinbarungen", dass nämlich das Sondereigentum zulässigerweise in der Teilungserklärung dahin beschrieben werden kann, dass es zugleich Wohnzwecken und Nichtwohnzwecken dienen kann. Bestätigt wird dies durch die Wohnungsgrundbuchverfügung (BGBl. I S. 134), § 2 Satz 2, wo es heißt: Ist mit dem Miteigentumsanteil Sondereigentum sowohl an einer Wohnung als auch an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden und überwiegt nicht einer dieser Zwecke offensichtlich, so ist das Grundbuchblatt als "Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch" zu bezeichnen.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2018, Seite 131 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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