Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

News  →  Hintergrund


Auch die Altersgruppe 50plus kann jetzt noch vor späterem Grundsicherungsbezug bewahrt werden
Die Förderung von Wohneigentum rechnet sich für alle
18.06.2018 (GE 11/2018, S. 666) Das nicht gerade als Heimstatt des Kapitalismus verschrieene Pestel-Institut in Hannover hat Mitte April eine Studie vorgelegt, die man als fast flammenden Appell an die Politik verstehen muss, endlich wieder Ernst mit der Wohnungseigentumsbildung und -förderung zu machen. Wenn nicht, drohe in sehr viel höherem Ausmaß Altersarmut, der man wiederum durch Transferleistungen begegnen müsse, was am Ende teurer würde.
Die lesenswerte Studie, (kostenlos unter www.wohn-perspektive-eigentum.org/wp-content/uploads/Studie_Wohneigentum-zur-Alterssicherung-Pestel-Institut2018.pdf.pdf), arbeitet die Stellung von Wohneigentum als Baustein der Alterssicherung heraus und definiert, auch mit Blick auf das spätere Renteneinkommen, die Zielgruppen, für die eine neue Wohneigentumsförderung sinnvoll ist.
Entschuldetes Wohneigentum stelle einen wesentlichen Baustein der Altersvorsorge dar. Insbesondere Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen verfügten gegenwärtig kaum über private Vorsorgeverträge und Wohneigentum. Wenn diese Haushalte verstärkt in die Wohneigentumsbildung einbezogen werden könnten, würde der Belastungssprung durch Wohnkosten mit dem Eintritt in die Ruhestandsphase entfallen.
Es habe zwar noch nie so viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gegeben wie heute, doch seien die Neurenten in den letzten Jahren stetig gesunken, während sich die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter von 2003 bis 2017 auf über 544.000 Personen mehr als verdoppelt habe. Der Niedriglohnsektor werde sich langfristig auch bei den Renten bemerkbar machen, ebenso die Ausweitung von Minijobs. Hinzu kämen die bereits beschlossenen Absenkungen des Rentenniveaus. Über alle Faktoren wird ein erheblicher Anstieg der Altersarmut erwartet.
Über 40 % der im Jahr 2015 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten müssten, so errechnete das Institut, bei 40 Beitragsjahren und einem Renteneintritt im Jahr 2030 mit monatlichen Zahlungen unter 800 € rechnen müssten. Dies bedeute nicht zwingend, dass 40 % der künftigen Rentner mit Altersarmut rechnen müssten, da mögliche weitere Alterseinkünfte etwa aus Betriebsrenten, Privatrenten oder Vermögen ebenso wenig berücksichtigt seien wie die Einkünfte eines möglichen Partners. Auf der anderen Seite erreichten nicht alle Beschäftigten 40 Beitragsjahre und im Alterssicherungsbericht 2016 berichte die Bundesregierung, dass 46,5 % der Bezieher von Einkommen unter 1.500 € brutto je Monat keine weitere Altersabsicherung hätten und bei den Beziehern von Einkommen zwischen 1.500 € und 2.500 € je Monat diese Quote bei 39,2 % liege. Bei Einkommen oberhalb von 4.500 € je Monat liege der Anteil an Personen ohne weitere Altersabsicherung dagegen bei lediglich 13,2 %. Dies bedeute, dass bei dem Personenkreis, der eine zusätzliche Alterssicherung benötigt, diese am geringsten verbreitet sei.
Die individuellen und gesellschaftlichen Vorteile des Wohneigentums seien, so das Institut, vielfach untersucht und beschrieben. Trotzdem gebe es in Deutschland seit der Abschaffung der Eigenheimzulage vor mehr als zehn Jahren faktisch keine Wohneigentumsförderung mehr.
Die Wohneigentumsquote in Deutschland zähle zu den niedrigsten in Europa. Sie stagniere seit Jahrzehnten und in der klassischen Altersgruppe der Ersterwerber von Wohneigentum, den 25- bis 40-Jährigen, sinke die Wohneigentumsquote inzwischen ab. Langfristig sei ein Absinken der Wohneigentumsquote insgesamt zu befürchten.
Als wesentliche Hemmnisse der Wohneigentumsbildung sind derzeit der Grundstücksmangel, die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte in Kombination mit den gestiegenen Transaktionskosten beim Wohneigentumswechsel (Stichwort Grunderwerbsteuer), die Verlängerung der Ausbildungszeiten sowie die Umsetzung der EU-Immobilienkreditrichtlinie in Deutschland identifiziert.
Als Kernzielgruppe für die Wohnungseigentumsbildung wurden Haushalte mit niedrigen Wohneigentumsquoten, einem Einkommen zwischen 900 und 3.200 € je Monat und einem Alter der Bezugsperson zwischen 25 und 40 Jahren identifiziert. Die Zahl der Mieterhaushalte mit diesen Merkmalen summiere sich auf gut 4,2 Mio. Bei weiteren 2,6 Mio. Haushalten mit unterdurchschnittlicher Wohneigentumsquote sei die Bezugsperson zwischen 40 und 60 Jahre alt. Bei ausreichender Resterwerbszeit sei die Wohneigentumsbildung über Neubauten möglich. Insbesondere die Altersgruppe 50plus werde Wohneigentum nur über den Bestandserwerb realisieren können.
Wenn das Wohnungsangebot geringer sei als die Nachfrage, erhöhe sich die Gefahr von Preiswirkungen durch die Förderung der Wohneigentumsbildung. Im umgekehrten Fall wachse das Risiko von Mitnahmeeffekten und der Inanspruchnahme von mehr Wohnfläche und üppigerer Ausstattung. Insgesamt gelte: Je genauer die Zielgruppe definiert werde, desto klarer ließen sich Instrumente und Bedingungen formulieren, die genau dieser Zielgruppe helfen. Dem steht allerdings die Forderung nach einer möglichst einfachen, verständlichen und nachvollziehbaren Förderung gegenüber, um eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden.
In Deutschland, so das Pestel-Institut werden jährlich Transferleistungen und Subventionen im zweistelligen Milliardenbereich geleistet, die zur Absicherung des Wohnens gewährt werden. Gleichzeitig knüpften Steuereinnahmen in etwa vierfacher Höhe an das Wohnen an. Dies zeige bereits die widersprüchliche Situation des Umgangs mit der Dualität des Gutes Wohnen als Markt- und Sozialgut auf.
Mittels Modellrechnungen wurde ermittelt, ob die im Koalitionsvertrag vorgesehene Wohneigentumsförderung per Baukindergeld eine Ausweitung der Wohneigentumswirkung bewirken kann und welche Alternativen denkbar sind. Das Baukindergeld schließt einen Teil der Bevölkerung aus und lässt in der vorgesehenen Ausgestaltung räumliche Verlagerungen der Nachfrage in preiswerte Regionen und Preiswirkungen in Ballungsräumen erwarten. Demgegenüber würde eine Förderung über die Kreditkonditionen in der Kombination mit Wohnflächenbegrenzungen breite Schichten der ermittelten Zielgruppen erreichen.
Über eine Wohneigentumsförderung auch in der Altersgruppe 50plus könnten Menschen vor dem späteren Grundsicherungsbezug bewahrt werden und damit würden langfristig auch Sozialleistungen eingespart.
Dementsprechend könne die Empfehlung nur lauten, Kreditprogramme mit verminderten Eigenkapitalanforderungen und langfristigen Zinsbindungen aufzulegen. In Kombination mit einer Wohnflächenbegrenzung könne auf Einkommensgrenzen verzichtet werden. Das vorgesehene Baukindergeld könne durchaus ergänzend gewährt werden, sollte aber nicht die alleinige Form der Wohneigentumsförderung darstellen. In jedem Fall sei das von der Bundesregierung vorgesehene Bürgschaftsprogramm sinnvoll. Es sollte mindestens 20 % der Baukosten bzw. des Kaufpreises abdecken.


Links: