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Ein neuer Mietvertrag in absehbarer Zeit ist Grund für weiteren Aufschub
Räumungsfristverlängerung
11.10.2021 (GE 17/2021, S. 1037) Räumungsschutz nach § 765a ZPO kann auch nach Ablauf der Räumungsfrist gewährt werden, wenn die Räumung eine besondere Härte darstellen würde, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Hiermit befasst sich der Beschluss des Landgerichts Stuttgart, in dem es um die Frage ging, ob ein in naher Zukunft beginnender Mietvertrag über eine Ersatzwohnung der Räumungsvollstreckung entgegenstehen kann.
Der Fall: Nachdem sich die Mieterin in einem vollstreckbaren Vergleich vom 12. Mai 2020 zur Räumung ihrer Wohnung bis zum 31. August 2020 verpflichtet hatte, beantragte die Vermieterin am 1. September 2020 beim AG die Herausgabe durch den Gerichtsvollzieher. Dieser teilte der Mieterin den Räumungstermin vom 2. Oktober 2020 mit, woraufhin diese unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe und Suizidgefahr sowie unter Vorlage eines Mietvertrages geltend machte, dass ein Ersatzwohnraum vor dem 15. Dezember 2020, dem Beginn des neuen Mietvertrages, nicht beschafft werden konnte und deshalb ein Räumungsschutz bis dahin gewährt werden müsse.

Die Entscheidung: Das AG Nürtingen stellte die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich bis zum 15. Dezember 2020 einstweilen ein, die sofortige Beschwerde zum LG Stuttgart hatte keinen Erfolg. Zwar seien Wohnungssuche und Umzug einer Zwangsräumung ebenso wie auch bei einem „freiwilligen Umzug“ immanent und damit grundsätzlich hinzunehmende Härten, auch wenn eine Ersatzwohnung fehle, weil es nach Ablauf der nach dem materiellen Mietrecht einzuräumenden Zeit für die Ersatzbeschaffung Sache der Ordnungsbehörden sei, die Obdachlosigkeit eines Schuldners zu beseitigen. Jedoch müsse hier berücksichtigt werden, dass es durch eine Räumung spätestens am 15. Dezember 2020 zu einer Verzögerung von lediglich knapp drei Monaten komme und der Gläubiger auch bei Durchführung einer Zwangsräumung nicht eher in den Besitz der Räume kommen werde. Deshalb lägen beachtliche schutzwürdige Interessen der Mieterin vor, die die Interessen der Vermieterin an einer Erlangung der Räume überstiegen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 1063 und in unserer Datenbank.


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