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Zwangslage ausgenutzt: Verurteilung wegen Betrugs und Wuchers
Preisüberhöhung bei Schlüsseldiensten
05.05.2021 (GE 6/2021, S. 349) Überhöhte Preise für Türöffnungen durch sogenannte Schlüsselnotdienste sind nicht selten; ob damit der Tatbestand des Wuchers erfüllt ist, weil eine Zwangslage des ausgesperrten Wohnungsinhabers ausgenutzt wird, war streitig. Der Bundesgerichtshof hat nicht nur einen gemeinsamen Bandenbetrug angenommen, sondern auch Wucher.
Der Fall: Die Angeklagten hatten bundesweit in den Telefonbüchern nicht existente Schlüsseldienstfirmen mit jeweils örtlichen Anschriften eintragen lassen. Die Anrufer wurden zu einem Callcenter geschaltet, ohne dies zu bemerken. Auf Nachfrage wurde dann wahrheitswidrig bestätigt, dass das Unternehmen vor Ort ansässig sei. Die dann für die Türöffnung verlangten Preise waren weit überhöht im Vergleich zu den Preisempfehlungen des zuständigen Bundesverbandes Metall. Damit lag nicht nur Betrug, sondern auch Wucher vor.

Das Urteil: Der Bundesgerichtshof sah die Kunden als getäuscht an, weil eine konkludente Erklärung der Monteure anzunehmen sei, das geforderte Entgelt entspreche der ortsüblichen Vergütung. Darauf baute die Organisation der Angeklagten auf, die eben nicht einen ortsansässigen Betrieb unterhielten. Mit dem Fordern der weit überhöhten Preise sei auch der Tatbestand des Wuchers erfüllt, weil eine Zwangslage ausgenutzt worden sei. Eine Notlage des Kunden sei nicht erforderlich. Der ausgesperrte Wohnungsnutzer befinde sich nahezu stets in einer misslichen Ausnahmesituation, die ihn wegen der Eilbedürftigkeit an der ihm sonst möglichen Auswahl eines Handwerkers hindere und zumeist den „Nächstbesten“ beauftragen lasse, was der Handwerker „ausbeuten“ könne.

Anmerkung der Redaktion: Die Forderung von weit überhöhten Preisen ist nicht nur sittenwidrig (AG Bonn, NJW-RR 2010, 1503; AG Bremen, NJOZ 2010, 2160), sondern auch wucherisch. Die vom BGH als Maßstab angenommenen Preisempfehlungen des Bundesverbandes Metall – Vereinigung Deutscher Metallhandwerke vom 1. August 2011 ist im Internet abrufbar, aktualisiert für 2014. Seit 2019 öffnet auch der ADAC Wohnungstüren (auch für Nichtmitglieder) zu nicht überhöhten Preisen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 376 und in unserer Datenbank.


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