Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

News  →  Kurz notiert


Unbeschränkte Bürgschaften sind 
in Wohnraummietverhältnissen oft unwirksam
„Mietkaution Plus“ – das geht nur in wenigen Ausnahmen
13.01.2014 (GE 1/14, 28) Gerade bei der Vermietung von Wohnungen an wenig zahlungskräftige Interessenten (z. B. Studenten) sieht sich der Vermieter oft veranlasst, eine Bürgschaft zur Sicherung der Ansprüche aus dem Mietverhältnis zu verlangen. Selbst Teile der mietrechtlichen Literatur verbreiten noch immer die Idee, dass eine unbeschränkte Bürgschaft – z. B. von den Eltern des Mieters – zulässig sei. Dies ist falsch! Gemäß § 551 Abs. 1 BGB ist jede vom Vermieter verlangte Sicherheitsleistung unzulässig, die den Wert von drei Nettomonatsmieten übersteigt, und zwar unabhängig davon, wie sie bezeichnet wird.1) Anzurechnen sind insbesondere auch private Bürgschaften.
Grundsätzlich nicht mehr als drei Nettomieten

Nach dem immer noch gültigen Leiturteil des Bundesgerichtshofs vom 20. April 19892) sind alle vom Mieter gestellten Sicherheitsleistungen, also z. B. Barkautionen, verpfändete Guthaben, aber auch Bürgschaften zusammenzurechnen; übersteigen sie betragsmäßig die Summe von drei Nettomonatsmieten, ist der Vermieter im Verhältnis zum Mieter ungerechtfertigt bereichert und muss die Bürgschaft freigeben. § 551 Abs. 1 BGB begrenzt die Höhe aller Mietsicherheiten auf drei Nettomonatsmieten und soll den Mieter vor zu großen Belastungen bewahren und Erschwernissen beim Abschluss neuer Mietverträge entgegenwirken.3) Soweit die Bürgschaft unter Anrechnung der Barkaution drei Netto-Monatsmieten übersteigt, was z. B. bei unbeschränkten Bürgschaften der Fall ist, stellte dies keine wirksame Kautionsabrede dar.

Ausnahme: aufgedrängte Bürgschaften

Gegenüber dem vorzitierten Leiturteil hat der Bundesgerichtshof nur wenige Ausnahmen zugelassen. So hielt es der BGH in seinem Urteil vom 7. Juni 19904) ausnahmsweise für zulässig, wenn der Vermieter den Mieter bereits wegen dessen mangelnder Solvenz abgelehnt hat und der Vater des Mieters daraufhin aus freien Stücken (d. h. ohne Aufforderung des Vermieters!) zusätzlich zur Barkaution eine Bürgschaft angeboten hat. Nach dem BGH widerspräche es nur dann nicht dem Schutzzweck des heutigen § 551 BGB, wenn Eltern für ihre Kinder von sich aus einem Vermieter eine Bürgschaft für den Fall eines Vertragsabschlusses zusagen, und wenn mit dieser Bürgschaft keine Belastungen für den Mieter verbunden sind. Im gleichen Sinne entschied der Bundesgerichtshof am 10. April 20135). Auch hier hat der Bürge dem Vermieter die Bürgschaft freiwillig angetragen, um die sonst drohende Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs abzuwenden. Auch diese freiwillige Leistung des Bürgen, der damit den Vermieter von der Kündigung des Mietverhältnisses abbringen wollte, hielt der BGH für zulässig.

Folgen überhöhter Mietsicherheiten

In der Praxis wird das entscheidende Merkmal des unaufgeforderten „Aufdrängens“ der zusätzlichen Sicherheit nur selten vom Vermieter zu beweisen sein, der hierfür die Beweislast trägt.6) Wenn dieser Beweis nicht geführt werden kann oder der Vermieter die Bürgschaft sogar gefordert hat, sind Ansprüche gegen den Bürgen kaum durchsetzbar, wenn zusätzlich z. B. eine Barkaution in Höhe von drei Netto-Monatsmieten besteht. Der Mieter hat damit eine höhere Sicherheitsleistung erbracht als gesetzlich zulässig und kann daher verlangen, dass der Vermieter die Sicherheiten nicht verwertet. Mieter und Bürge müssen jedoch nicht warten, bis der Vermieter die Bürgschaft verwerten will, sondern können jederzeit die Freigabe verlangen und dies bei Weigerung des Vermieters auch gerichtlich durchsetzen.7) Es mag in diesem Falle ein schwacher Trost für den Vermieter sein, dass die Überschreitung der zulässigen Kautionsobergrenze nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Kautionsabrede führt; nur die über drei Monatsmieten hinausgehende Sicherheitsleistung wird der Vermieter nicht erlangen.8)

Praxistipp

Will der Vermieter das Risiko einer Bürgschaft nicht eingehen, so sollte mit dem finanziell leistungsfähigen Part der Mieterseite, also z. B. den Eltern, allein das Mietverhältnis begründet werden, die dann für alle Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag haften.9) Es ist davon abzuraten, in einem solchen Falle neben den Eltern den eigentlichen Nutzer der Wohnung als Mitmieter aufzunehmen. Nach zwei aktuellen Urteilen der Landgerichte Lübeck und Leipzig steht eine formelle Aufnahme eines Dritten als „Mieter“ zum alleinigen Zweck, die Mietzahlung abzusichern, dem Schutzgedanken des § 551 Abs. 1 BGB entgegen. Dies gilt insbesondere, wenn dem finanziell leistungsfähigen Teil der Mieter (z. B. den Eltern) keine Mieterrechte zustehen sollen, sondern sie nur die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis tragen sollen: Die Eltern haften dann nicht.10) Diese Rechtsprechung ist zwar auf Kritik gestoßen,11) jedoch besteht ein deutliches Risiko für den Vermieter, leer auszugehen. Dagegen bestehen keine Probleme, wenn die Eltern die Wohnung allein anmieten.

Nicht zuletzt spricht auch ein prozessrechtlicher Vorteil dafür, den Mietvertrag direkt mit dem „Finanzier“ des Mieters zu schließen: Während der Bürge in der Regel an seinem Wohnort verklagt werden muss, ist für den Mieter das Amtsgericht am Belegenheitsort der Mietwohnung zuständig. Der Vermieter erspart sich im Allgemeinen die Kosten eines zweiten Verfahrens gegen den Bürgen, das oftmals an einem weit entfernten Gericht geführt werden muss.

ZusammenfassungDie Höhe aller Mietsicherheiten ist grundsätzlich auf drei Nettomonatsmieten beschränkt. Eine zusätzliche Sicherheit – etwa eine unbeschränkte Bürgschaft der Eltern eines Mieters – ist als „Übersicherung“ grundsätzlich unwirksam. Ausnahme: Eine „aufgedrängte Bürgschaft“ bei ungewisser Solvenz des Mieters.Praxistipp für Vermieter: Besser gleich mit dem leistungsfähigen Part der Mieterseite – also beispielsweise den Eltern eines Mieters –den Vertrag abschließen. Der Nutzer sollte in diesem Fall nicht zusätzlich als Mieter aufgenommen werden.

Fußnoten1) Siehe Kinne in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 7. Aufl., § 551 BGB, Rn. 6 m.w.N.

2) BGH vom 20. April 1989 - IX ZR 212/88 -, GE 1989, 565. 3) Amtliche Begründung in BT-Drs. 9/2079, S. 10.4) BGH vom 7. Juni 1990 - IX ZR 16/90 - GE 1990, 921. 5) BGH vom 10. April 2013 - VIII ZR 379/12 - NJW 2013, 1876.

6) Kinne, a.a.O., Rn. 7.7) BGH vom 20. April 1989 - IX ZR 212/88 - GE 1989, 565. 8) BGH vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 243/03 - GE 2004, 956 (957).

9) So bereits Frisch in GE 1990, 690.10) LG Lübeck v. 25. März 2010 - 14 S 146/09 -, ZMR 2010, 857; LG Leipzig v. 26. Januar 2005, NZM 2006, 175 11) Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., § 551 BGB, Rn. 87; Kinne, a.a.O., Rn. 6.
Autor: RA Lukas Andreas Wenderoth